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THOMAS WENK
Achille Gaggia ist schuld. Er hat all das, was die klugen Köpfe vor ihm vorbereitet haben, zu dem verfeinert, was heute weltweit die Espressionisti eint: Er hat 1948 die erste Handhebel-Espressomaschine gebaut, die Crema auf den Espresso und den Caffè zaubert. Knapp 100 Jahre davor waren auf der Weltausstellung in Paris die ersten Prototypen einer Espressomaschine aufgetaucht. Und natürlich sollte es ein Italiener sein, der die Technik verfeinerte: 1901 brachte Luigi Bezzera eine viergruppige Höllenmaschine auf den Markt, die kochendes Wasser und Dampf durch das Kaffeepulver jagte. Nur Virtuosen an den verschiedenen Ventilen schafften es, wohlschmeckenden Kaffee zu zelebrieren – das Feld war bestellt für den Barista. Und der herkömmlich gebrühte Kaffee, fast wie daheim, war Geschichte. Jetzt konnte auch in den Caffès der Kaffee auf Bestellung gemacht werden – espressivo eben.
Auf Bezzeras Grundstein konnte aufgebaut werden in den kommenden Jahrzehnten: Viele der großen Hersteller, die heute noch existieren – etwa Faema, La Pavoni oder La Cimbali -, und die kleinen, die es zum Teil nicht mehr gibt, übernahmen Bezzeras Prinzip, bis Gaggia den nächsten Streich wagte. Einher mit der Entwicklung der Espressomaschinen ging der Wettlauf nach der Schönsten im Lande: Die Hersteller holten sich Designer und Architekten, wie Gio Ponti, Enzo Mari, Bruno Murani, Fratelli Castiglioni, Marco Zanuso, Ettore Sottsass oder Pininfarina und ließen sich die spannendsten und bezauberndsten Hüllen für ihre unter Druck stehenden Maschinen entwerfen. Die Maschine wurde zum Star jeder Bar.
Die Hersteller brannten ein Design-Feuerwerk ab, das sich auch auf den Fotos dieser Webseite niederschlägt. Gewagt, futuristisch, chromglänzend, mit buntem Plexiglas, funkelnden Diamanten oder raffinierten Hinterleuchtungen. Erst als die Espressomaschine ihren Platz als Mittelpunkt der Bar Ende der 60er Jahre verlor, erlosch auch der Ehrgeiz, etwas Unverwechselbares zu schaffen, das ganz nebenbei unverwechselbaren Espresso brühte. Zweckmäßigkeit statt Ästhetik. Doch diese vergangene Zeit gilt es zu erhalten!